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Corona: Im Schnellvorlauf zur digitalisierten Welt?

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Die Digitalisierung beschäftigt und bereits seit einem Jahrzehnt. Über alle Branchen hinweg wälzt sie alte bekanntes um, stellt Manager und Politiker vor nie gekannte Fragen und lässt uns alle Rätseln, wie wohl die Arbeitswelt von morgen aussehen wird. Dabei ging es viel mehr um die Arbeitswelt von übermorgen – frühestens. Man bedenke: Im Jahr 2013 war das Internet immerhin noch #Neuland!
Es gab bislang eine Reihe von Gründen, den Fortschritt bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft langsam angehen zu lassen. 

  1. Die fortschreitende Digitalisierung bedroht eine Reihe von Arbeitsplätzen in diversen Branchen (auch wenn einige neue Arbeitsplatz entstehen)
  2. Digitale Transformation erfordert hohe Investitionen
  3. Sie verlangt oft nach neuem Know-How, neuen Arbeitsstrukturen und -abläufen – und einer entsprechenden Strategie
  4. Die digitale Transformation verändert Gewohnheiten, und das lässt sich häppchenweise meist besser verarbeiten

Nun, mitten in der Corona Krise, sind wir quasi gezwungen, die Möglichkeiten der Digitalisierung schnell umzusetzen und zu nutzen: Home Office, digitale Lernplattformen, Webshops, Video- und Workchats.
Die Frage, die sich dabei stellt, lautet: Werden sie einen bleibenden Effekt des ’social distancing‘ in unserer Gesellschaft hinterlassen?

Ist die erzwungene Digitalisierung auch wieder umkehrbar?

Viele Unternehmen müssen nun schnell Instrumente zum digitalen Arbeiten implementieren – Websites, Plattformen, Arbeitstools, Kommunikationswege. Dass der plötzliche Beinahe-Lockdown Arbeitgeber und Arbeitnehmer in neue Fahrwasser zwingt, kann sich natürlich einerseits positiv auf den Fortschritt der Digitalisierungsbestrebungen in der deutschen Wirtschaft auswirken: Wo zuvor Hürden waren, müssen diese nun rasch abgebaut, Ängste und Ablehnung zügig überwunden werden.  Das wäre eine langfristige Auswirkung. Im Hier und Jetzt stehen allerdings viele Unternehmen vor der drängenden Frage: Welche Tools nutzen wir, und wie sicher sind sie? Dass hier, unter Zeitdruck, mitunter auch Tools eingesetzt werden könnten, die nicht den eigentlich erforderlichen Sicherheits- oder Datenschutzstandards entsprechen, ist zu befürchten. Im besten Fall wird das keine Auswirkungen haben – aber ähnlich wie bei einer Infektion kann auch in diesem Fall eine kleine Abwehrschwäche ausreichen, um zum Einfallstor für Viren (oder einen Hackerangriff) zu werden.

Im Interview mit dem Handelsblatt erklärt der israelische Autor Yuval Noah Harari, dass die gegenwärtige Krise die Digitalisierung beschleunigt – ob wir wollen, oder nicht. Ein anschauliches Beispiel: Roboter könnten in mehr Alltagssituationen zum Einsatz kommen – denn sie können sich nicht infizieren. Ob diese Entwicklung aber nur eine Richtung kennt, oder ob wir in Teilen zu unseren Vor-Corona-Gewohnheiten zurückkehren können, das kann er nur offen lassen. Diese Frage wird jedenfalls hoffentlich in naher Zukunft eine brennende sein: Haben wir als Gesamtgesellschaft nach der Krise die Zeit, noch einmal einen Schritt zurück zu treten, um den Ist-Zustand zu analysieren? Finden wir ein Gleichgewicht zwischen bequem, kostengünstig, flexibel und sozial, gerecht und empathisch?

Können wir nur die Aspekte der digitalen Durchdringung beibehalten, die sich auch langfristig bewähren werden?

Um doch einmal ein wenig, ganz persönlich und meinungsgefärbt, über die NACH-CORONA-Zukunft zu spekulieren: Es gibt eine ganze Reihe von Berufen, die nicht Home-Office-tauglich sind. Büroberufe sind es zwar in der Regel – aber langfristig werden viele nicht im Home Office arbeiten wollen, zumindest nicht auf Dauer. Ich kann mir vorstellen, nach Wochen (oder wahrscheinlich Monaten) der sozialen Isolierung wird sich bei vielen Menschen der Wunsch breit machen, wieder mit anderen Menschen außerhalb der Kernfamilie zu kommunizieren. Und zwar persönlich, ohne digitale Leitung – auf dem ältesten und natürlichsten Weg zwischenmenschlicher Kommunikation. Deshalb denke ich, dass es in den meisten Branchen und Berufen irgendwann weitestgehend zu einer Normalisierung kommen wird (von den wirtschaftlichen Folgen mal ganz abgesehen).

Schwierig aber finde ich die Frage, wie sich die Krise auf den Einzelhandel auswirken wird. Auf Onlinehandel umzustellen ist für viele Momentan die einzige Option, um irgendwie über Wasser zu bleiben. Hier konkurrieren sie nun außerdem mit bereits etablierten Onlineshops und auch Onlinehandelsriesen wie Amazon, Zalando, Mediamarkt und Co. Werden Einnahmeausfälle in Kombination mit Ausgaben für Miete und Gehälter zu erdrückend, könnte viele stationäre Geschäfte gezwungen sein, aufzugeben. Dann dürften die ohnehin vielerorts schon ausgedünnten Einkaufsstraßen noch gespenstischer wirken. Vor allem in ländlichen Regionen könnte sich das zu einem Problem entwickeln. Dort betrifft das Geschäftesterben nicht nur das soziale Leben im Ort, der ohne Läden quasi kein Zentrum mehr hat, an dem sich Menschen begegnen können. In ländlichen Gebieten kann dann bald auch die Versorgungssicherheit gefährdet sein.

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